China – ein gigantisch großes Land mit unzähligen Megastädten! Dem Drang, weit weg von aller Großstadthektik ein zeitloses Stück großartiger Natur zu besuchen, konnte ich nicht widerstehen und die Schilderungen über den Huang Shan klangen so verlockend, dass ich mich dem nicht entziehen konnte.
Der Huang Shan gehört nicht zu den fünf heiligen Bergen Chinas und ist doch für immer verewigt worden. Chinesische Künstler hinterließen vor etlichen Jahrhunderten mit ihren Malereien auf zartem Papier die typischen Wandgemälde des Huang Shan, die zur idealisierten Landschaft Chinas wurden.
Der „gelbe“ Berg ist in Wirklichkeit gar nicht gelb, sondern mausgrau und die Übersetzung meint auch mehr „Der Berg der gelben Kaiser“, wobei Gelb oder Gold ausschließlich als Farbe dem chinesischen Kaiser vorbehalten war.
Anreise nach Tunxi
Mit dem Bus reist man am besten sehr früh morgens aus Huang Shan Stadt (auch Tunxi genannt) die 60 km bis zum Eingangsbereich des Huang Shan an. Der Eintritt ist mit ca. 30 Euro nicht eben günstig und die Kosten für die Seilbahn von ca. 20 Euro kommen noch hinzu. Mir erscheint es unerschwinglich für die chinesische Bevölkerung, was mir ein Chinese später bei der Rückfahrt in der Gondel bestätigt.
Der Reisende findet ein magisches Theater zahlloser Gipfel über 1000 m vor und taucht ein in eine andere Welt stark zerklüfteter Granitriesen.
Die vier Wunder des Huang Shan Naturparks
Vier Wunder zählt man zu den Elementen dieses Naturparks: der geschliffene Fels, die ästhetischen Kiefern, die mystischen Wolkenberge und die warme Quelle.
Das Granitmassiv zieht sich über ein großes 154 m² Areal mit glatt gewaschenen grauen Steinbrocken, getürmt zu steinernen Domen, zwischen denen die Wände senkrecht in tiefe Schluchten stürzen.
Für skurril geformte Felsbrocken, denen die Chinesen Namen gaben, braucht man manchmal ein bisschen Fantasie, um mythischen Gestalten und Tiere darin zu erkennen.
Auf Plattenwegen und enorm steilen Treppen teilt man die gut erschlossenen Wege mit Tausenden von Chinesen – die steilen Pfade sind anstrengend und nicht zu unterschätzen. Erstaunlich einfach scheint es jedoch für die Lastenarbeiter zu sein, die mit unvorstellbar schweren Kisten und Paketen an Bambusstangen alles Material und die Lebensmittel auf ihren Schultern zu den wenigen Hotels und Teehäusern in der unwirtlichen Bergregion zu Fuß in tänzelndem Schritt hinaufschleppen.
Als zweites Wunder recken die malerischen Kiefern auf ihren gekrümmten Stämmen wie in einem Freilufttheater die wenigen horizontalen weit ausladenden Äste mit ihren smaragdgrünen Nadeln zur Begrüßung dem Besucher entgegen.
Die Bäume wachsen ohne Erde an den unglaublichsten Stellen und nehmen ihr lebenswichtiges Wasser aus der feuchten Luft auf.
Besonders beeindruckend ist das dritte Wunder, das in den Reiseführern als das typische Schauspiel des Huang Shan beschrieben wird: die geheimnisvollen Wolkenmeere, die wie Bühnenvorhänge im seichten Wind um die Felsen treiben. Nebelschwaden verhüllen wie ein Spuk die Sicht und gestalten im Laufe eines Tages ständig eine neue atemberaubende Kulisse.
Die warme Quelle ist leider nicht zu sehen, da das Wasser in Rohrleitungen abfließt.
Wer die Chance hat, den Huang Shan in seine Reiseroute durch China einzuplanen, sollte das auf keinen Fall auslassen. Es ist ein unvergesslicher Zauber grenzenloser Fantasie.
Der Sage nach fuhr der Urvater der Chinesen in diesem Felsmassiv, nachdem er Unsterblichkeit erlange, zum Himmel auf. Und diese Unsterblichkeit ist genau das Gefühl, das ich nach dieser strapaziösen achtstündigen Tagestour als tiefe Wehmut empfinde – unauslöschlich und ewig.