An der Mündung des Qiantang Jiang liegt die Stadt Hangzhou mit 1,4 Millionen Einwohnern, von der Marco Polo in seinen Reiseberichten schrieb, dass sie für ihn „die bei weitem glanzvollste Stadt der Welt“ sei.
Wie in allen Millionenstädten Chinas ist auch Hangzhou vom Bauboom nicht verschont geblieben, aber wer in diese Stadt im Westen Chinas reist, blendet die hässlichen Einheitsbauriesen aus. Er freut sich auf das Highlight der Stadt, das Idealbild einer sommerlichen Stadt um den bedeutenden Westsee, der von den chinesischen Kaisern in Peking in ihren Privatgärten kopiert wurde.
Er ist in dem unvorstellbar großen chinesischen Staatsgebiet der berühmteste aller Seen, 6 km² Wasser eingebettet in sanfte Hügel einer lieblichen Landschaft.
Der Westsee – Relaxen in einer Traumlandschaft
Zu Fuß den flimmernden See zu umrunden wäre ein langwieriges Unterfangen, deshalb hat man mit dem Fahrrad die Möglichkeit, in aller Ruhe den kompletten See zu umfahren, an wundervollen Ausblicken anzuhalten, auf einer Bank die Idylle zu genießen und sich in eine andere Welt hineinzuträumen. Mehrere Leihstationen in der Stadt rund um den See bieten Fahrräder an. Die Rückgabe kann an verschiedenen Stellen erfolgen, die auf einer Karte vermerkt sind, die man beim Ausleihen bekommt.
Die kostenpflichtigen leise fahrenden Elektrokarren für die unzähligen reiselustigen Chinesen, die es bequem haben wollen, stören die Sinnenfreude der Individualisten nicht.
Ich rolle mit dem Fahrrad genussvoll über schattige Uferpromenaden und stoppe an jeder romantischen Steinbrücke. An manchen Stellen begleitet mich ruhige Instrumentalmusik aus versteckten Lautsprechern. Ein Halt zur Besichtigung und Besteigung der 45 m hohen Pagode Lei-Feng ist für mich ein Muss, denn nur von hier aus habe ich den besten Blick auf das gesamte Seepanorama.
Bootsfahrten führen die Touristen in pagodenartigen Booten auf den See hinaus.
Bei angenehmem Wind kann man in Eisdielen, Restaurants und Cafés sitzen und sich während seines kulinarischen Stopps verwöhnen lassen. Uferparks mit Teehäusern sind durchzogen von hölzernen Zickzackbrücken, die es nach chinesischer Tradition den Geistern unmöglich machen, das Wasser zu überqueren. Ich sitze inmitten von Meeren aus Lotusgewächsen und tauche ab in eine verwunschene Wasserwelt.
Nicht satt sehen kann ich mich an den riesigen Lotusblüten mit ihren pompösen rosafarbigen Kelchen, die wie Riesenbonbons auf mich wirken.
Zwei Dämme wurden in den See gebaut. Der Bai-Damm mit seiner Trauerweidenallee führt über die einzige natürliche Insel Gushan, die als Park angelegt wurde. Im Huagong Park darf man die Glück bringenden Goldkarpfen in den Teichen bestaunen und am Ostufer gibt es am Nachmittag zu fest gelegten Zeiten Wasserspiele zu klassischer Musik.
Am besten reist man mit dem Expresszug von Shanghai in weniger als 60 Minuten an, wenn man nicht für zwei Tage bleiben will, was sich durchaus lohnt. Denn dann kann man noch zum Stadtgottpavillon hinaufsteigen, die Insel „Kleines Yingzhou“ bei Mondschein betreten, das Tempelkloster Lingyin Si besichtigen, dem Provinzmuseum einen Besuch abstatten und sogar noch das Yue-Fei-Mausoleum würdigen.
Obligatorisch auch für nur einen Besichtigungstag ist der Abstecher zum Bummeln in den neu gestalteten Altstadtbereich und zum Bestaunen der historischen Apotheke aus dem Jahr 1874, die mehr einem Palast mit mehreren Innenhöfen samt angebauter Heilpflanzen und vergoldeten Holzschnitzereien gleicht, aber auch eine reichhaltige Auswahl an Kräutern und traditioneller chinesischer Medizin zum Verkauf anbietet.