Eine der östlichen Hauptstädte Europas rangiert nicht unter den Top Ten auf der Attraktivitätsliste touristischer Städtereisen. Das ist für mich nicht erstaunlich, denn es gibt in Belgrad, der Stadt zwischen Ost und West, nichts Vergleichbares wie den Eiffelturm, das Kolosseum oder die Tower Bridge.
Wer nicht mit einem gezielten Besichtigungswunsch, wer ohne eine spezielle persönliche Empfehlung oder ohne intensives Studium eines Reiseführers die Stadt mit der Schlüsselposition im Süden Osteuropas besucht, wird dennoch zahlreiche Überraschungen erleben.
Die Hauptstadt Serbiens ist ein Mosaik aus vielen Farben, ein uneinheitliches Bild aus zerborstenen und glatten, leuchtenden und dunklen, kantigen und harmonischen Steinchen an Sehenswürdigkeiten.
Sehenswertes in Belgrad
Dort, wo sich die beiden Flüsse Donau und Sava küssen, liegt die Wiege Belgrads. In exponierter Lage besichtigt man heute die ehemaligen Festungsanlagen im Kalemegdan-Park. Das unglaublich weitläufige Parkgelände beherbergt hinter den Festungsmauern zwei Kirchen, Verteidigungstürme, Brücken und zwei Museen.
Unvergesslich bleibt für mich der Besuch im „Haus der Blumen“. Titos Grab unter einer gläsernen Kuppel und viele private Ausstellungsstücke sind beeindruckend – er ist hier auf eine besondere Art präsent, der ehemalige Machthaber Jugoslawiens. Wirft die Sonne durch das Glasdach ihr Licht auf den ruhenden Politiker, malt das Fensterkreuz mit seinem Schatten ein Totenkreuz auf den steinernen Sarg.
St. Sava, der weiße Tempel, größtes orthodoxes Gotteshaus der Welt, ist von außen ein eindrucksvoller Anblick aus Marmor. Als Kopie der Hagia Sophia in Istanbul erbaut, betritt man das Innere und ist erstaunt, dass hier alles immer noch auf seine Fertigstellung wartet.
Innenstadt von Belgrad
Auf breiten Zufahrtsstraßen mit sozialistisch-kommunistischer Architektur in schlichter eckiger Bauweise gelangt man über Brücken ins Zentrum der Hauptstadt.
In der Haupteinkaufsstraße, der Kneza-Mihaila, findet man neben modernen Läden viele alte Häuser mit Ornamentik im Sezessionsstil und wunderschönen Stuckfassaden. An anderer Stelle steht man verwundert vor der Ruine des ehemaligen Generalstabs, ein Mahnmal und die Erinnerung an die Bombardierung von 1999.
Belgrad ist Hauptstadt und verkörpert ein quirliges, vielfältiges kulturelles Leben, bietet Festivals, Ausstellungen, zahllose Cafés und besonders im Künstlerviertel Skardarlija spielt sich in den reizvollen Kneipen ein attraktives Nachtleben ab.
Freizeit in Belgrad
Ada Ciganlija, die Freizeitinsel inmitten der Stadt, ist Naherholungsgebiet, Ferienziel, Treffpunkt für Events, Erholungsraum für Strandhungrige und ein Spielparadies für Kinder. Als Sportdorado bietet die Insel Ada Felswände für Freeclimber, Plätze für alle Arten von Ballsportspielen, Golf, Wasserski, Bungee-Jumping, Rudermöglichkeiten, Wege für Rollerskater, Paintball und vieles mehr.
Romantik in Belgrad
Hausboote dümpeln an den Ufern der Donau, schwimmende Restaurants laden bei romantischer Beleuchtung in der Sommerfrische zu lauschigen Abenden auf dem Wasser ein.
Ausklang in Belgrad
Am Ende meiner Reise formt sich endlich in mir der passende Vergleich, das Gefühl, dem ich all die Tage nachgespürt habe. Belgrad erinnert mich an mein frühkindliches Osterfest – in unserem riesigen Garten waren viele Osternester versteckt und ich konnte alle süßen Schätze suchen und die Überraschungen entdecken. Auch Belgrad hat seine verborgenen Kostbarkeiten über das große Stadtgebiet verteilt und wartet nur darauf, dass man sie aufstöbert.
Wer viel Zeit mitbringt, besucht das Nikola-Tesla-Museum, fährt am ungewöhnlichen West-Tor vorbei, besteigt den Berg Avala, bewundert die „Dame von Belgrad“, staunt über Titos treueste Brieftaube ausgestopft im Postmuseum und vertieft sich in die Wandgemälde am alten Brauereigebäude.
Er verbringt einen Abend im Café „Greenet“ oder im Haus „Drei Hüte“, stattet sowohl der einzigen Moschee als auch dem Jüdischen Museum einen Besuch ab und tummelt sich im österreichisch geprägten Stadtteil Zemun mit seinen kleinen Häuschen und dem Nightlife an der Donau.
Auf den neugierigen Touristen warten noch unzählige Denkmäler, die Alexander Nevski Kirche, verschiedene Galerien, zahlreiche Museen, das Alte Schloss, die St. Nikola-Kirche, das Bundesparlament, der Botanische Garten, die Russische Kirche, die Kneza-Miloša-Straße, der „Blaue Zug“ von Marshall Tito, die traditionelle Konditorei Bosiljčič …